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Austausch mit dem Institut Montgrós in Sant Pere de Ribes (Provinz Barcelona)

Austausch mit dem Institut Montgrós in Sant Pere de Ribes (Provinz Barcelona)

¡Por fin! -Endlich!

Eigentlich konnten wir es kaum glauben: Unser Spanischaustausch, der 2020 und 2022 komplett vorbereitet worden war, konnte 2023 endlich zum ersten Mal stattfinden.

Und so trafen am 22.03. 2023 gegen 18 Uhr vierzehn spanische Jugendliche aus Sitges (bei Barcelona) und zwei Lehrer am Hauptbahnhof ein. Unser Schüler hatten schon vorher Kontakt mit ihnen gehabt und nahmen sie freudigst auf.

Wie bei anderen Austausche auch standen bei uns Nürnberg, die Residenz, eine Stadtrallye und ein Festungsbesuch auf dem Programm. Vorab gab es immer wieder Bedenken, ob unsere Schüler unter Umständen zu „alt“ für die spanischen wären. Da das Deutschprogramm auf spanischer Seite in der 9. Klasse ausläuft und bei uns erst Spanisch in der 10. Jahrgangsstufe anfängt, sind unsere Schüler ein gutes Jahr älter. Doch wir glauben, dass alle Parteien offen und flexibel genug waren, so dass der Altersunterschied den Spaß nicht trübte. Am begeistertsten waren die Spanier allerdings vom „Mini-Oktoberfest“ (das Frühlingsvolksfest), das am Wochenende außerhalb unserer Lehrerbetreuung ausgiebig getestet wurde. Manch‘ spanische Mamá wird schon ein paar unruhige Stunden verbracht haben deswegen…. Das Gute am Mini-Oktoberfest war auch das wasserdichte Zelt, denn der Regen ließ fast keine trockene Stunde zu. Vielleicht war dies sogar die nasseste Woche im ganzen Frühling. Noch ein Vorurteil gegenüber Deutschland erfüllt! Interessant fanden die Spanier auch, dass in Deutschland mehr gestreikt wird als in Spanien: zwei WVV Streiks fielen in die Besuchswoche!

Am 29.03 traten die Spanier ihre Heimreise an, aber die Tränen hielten sich noch in Grenzen, denn vier Wochen später trafen sich unsere deutschen Schüler und wir uns am Würzburger Hauptbahnhof. Die Lufthansa streikte in jener Woche nicht und so flogen wir am 18.04 ins sonnige und extrem trockene (das ist wiederum auch nichts) Spanien. Unsere Austauschschule befindet sich in Pere de Ribes, was gleich neben dem Strandort Sitges an der Costa Brava liegt. Nach Barcelona sind es nur knapp über 20 km. Der eine oder andere Schüler hat es gleich geschafft, sich beim Warten auf den Bus und die Gasteltern eine rote Nase und Ohren zu holen. Doch die Wichtigkeit von Sonnencreme wurde schnell erkannt. Das Wetter war für April dort viel zu warm und viel zu trocken. Gerne hätte wir ein paar Regentage abgegeben. In den folgenden Tagen besuchten wir ein lokales Museum, fuhren nach Barcelona, ließen uns in einer spanischen Bodega etwas über Weinbau erklären, saßen in vielen Unterrichtsstunden und auch Ausflüge an den Strand kamen nicht zu kurz.

Unsere Austauschschule, das Institut Montgrós, eine spanische Schule der Sekundarstufe, hat nur etwa 450 Schüler, von denen circa 70 Deutsch lernen. Wir waren schwer beeindruckt, welch‘ progressiven Lernansätze die Schule verfolgt. Konzepte wie projektbasiertes Arbeiten, fächerübergreifenden Lernen, open classroom, flipped classroom, autonomes Lernen -Termini, die wir hauptsächlich aus Fortbildungen kennen, werden dort in die Praxis umgesetzt. Viele Fächer wurden aufgelöst und zu „ámbitos“(Bereiche wie Wissenschaft, Humanistik, etc.) verschmolzen, die Zimmertüren wurden herausgenommen, und eine Jahrgangsstufe beschäftigt sich in Kleingruppen mit ihren Aufgaben. Diese Formen des Lernens bedingen allerdings viel Disziplin und Motivation von Seiten der Schüler und viel Nachkontrolle von Seiten der Lehrer. Unsere Schüler fanden diese Art des Lernens etwas ineffizient, wie sie uns sagten. Die Waschräume sind nicht mehr nach Geschlechtern getrennt, sondern es gibt zwei Unisex-Toilettenräume. Auch der Gong wurde abgeschafft und stattdessen gibt es verschiedene Pop-Songs, die man aber unter Umständen aufgrund der Open-Classrooms mit Projektarbeit gar nicht hört. Der Handygebrauch ist auch nicht so verboten wie in Bayern, obwohl man sagen muss, dass die spanische Kultur immer noch und gracias a Dios die interpersonale Kommunikation der digitalen vorzieht und die spanischen Schüler sehen sich nicht gezwungen, alle drei Minuten auf ihr Handy blicken zu müssen.

Interessant war auch die Zweisprachigkeit der Region. Alle Lehrer und Schüler dort können natürlich perfekt Spanisch (castellano), aber untereinander fallen sie doch sofort ins Katalanische, was man, selbst wenn man Spanisch und Französisch kann, nur in Bruchstücken versteht. Für uns ist diese Gegend aber ohne Zweifel (trotz des català) phänomenal: Barcelona bietet als Metropole so viel Kultur, der Strand ist in unmittelbarer Nähe und die Flugverbindungen von Frankfurt nach Barcelona sind kürzer als in andere spanische Städte.

Die Schüler verstanden sich prächtig und feierten die eine oder andere Fiesta am Strand und am Pool der Gasteltern. Einige unsere Schüler wurden richtig verwöhnt und zum Beispiel auf ein Fußballspiel von FCB gegen Atlético Madrid eingeladen. Bis auf den einen oder anderen kleinen Sonnenbrand gab es auch keine medizinischen Notfälle -für uns Lehrer ist es natürlich am wichtigsten, alle Schäfchen wieder unversehrt bei ihren Eltern abzuliefern.

Und dann flossen sie doch, die Tränen. Am 25.04.2023 mussten wir uns von Spanien verabschieden und mit dem Bus zurück zum Flughafen fahren. Wir hoffen inständigst, dass die Spanier uns trotz Mini-Oktoberfest nächstes Jahr nochmal so lieb aufnehmen und dass die Freundschaften, die dieses Jahr geschlossen wurden, noch lange halten.

Und was sagte der begleitende Lehrer Josep zu unseren 11. Klassschülern, als sie ihn fragten, was er an Spanien am meisten mag? La gente -die Leute. Und das können wir nur unterschreiben. Es gibt wunderschöne Länder in Europe, auch welche, in denen Blumenkästen am Balkon hängen (das machen die Spanier eher nicht), aber so sympathische „gente“ findet man doch fast in keinem anderen Land.

¡hasta pronto, muchos besos!

Julia Hady und Eva Gleß